Medicinas sagradas – Die heiligen Medizinen der Anden und des Amazonas

Fotocredit: Fernando Derk

Times go on – Aber was geht eigentlich ab?

Wenn ich einen Querschnitt durch unsere Gesellschaft ziehe, nehme ich wahr, dass wir in einer unglaublich schnellen Zeit leben. Kennt ihr auch den Druck den Erwartungen anderer entsprechen zu müssen oder gar zu wollen? Wieso sehnen wir uns alle nach materiellem Reichtum und Erfolg, obwohl uns diese materiellen Dinge oft nur kurzfristig befriedigen? Wo bringt uns der Reichtum am Ende hin? Obwohl wir in einem so reichen Land leben, sehe ich so wenig lachende strahlende Augen auf den Straßen. Vielleicht sind wir viel ärmer, als wir uns darüber bewusst sind. In unseren Herzen.zghvbnn

Doch wie sieht es in dir aus? Was bereichert dein Herz und deine Seele wirklich? Was ist mit Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung? Werden diese Qualitäten nicht viel zu oft in den Hintergrund gerückt? Wie viel Zeit am Tag verbringst du neben der Arbeit mit Smartphones oder Facebook und dem Lesen und Schreiben eigentlich unwichtiger Nachrichten? Was treibst du an deinem Wochenende? Von früher kenne ich das zu Genüge. Wilde Parties, viel Alkohol. Hauptsache mal treiben lassen und den Alltag vergessen. Doch ich habe festgestellt wie leer ich eigentlich zu dieser Zeit war. Bloß nicht all die Gefühle und Empfindungen des Körpers spüren und sich mal mit sich selber auseinander setzen, um zu betrachten wie es uns eigentlich im Innen geht.

Zeit für mich – Wieder in die Verbindung mit der Natur gehen und Kraft schöpfen

Jetzt ist Zeit für mich in diesem ganzen Tumult. Zeit aufzutanken anstatt mich voll laufen zu lassen. Ich gehe in die Stille, in die Natur. Was hat meine innere Stimme mitzuteilen? Wer bin ich wirklich hinter diesen ganzen Rollen, die ich jeden Tag spiele? Wie viel Zeit nehme ich mir, um fühlen zu dürfen, um träumen zu dürfen? Wir brauchen diese Zeit, um uns mit uns selber auseinandersetzen zu können. Nur so lernen wir uns wirklich kennen.

Ich bin als Trainer und Yogalehrer tätig. Zwei Dinge, die mir wirklich viel Freude bereiten, aber dennoch sehne ich mich immer wieder nach einer kleinen Auszeit. Denn auch in diesen Berufen gilt es zu funktionieren und seinen eigenen Erwartungen gerecht zu werden. Einfach mal raus aus der Stadt. Oft hören wir die Stimme im Kopf, die Sätze sagt wie: „Wozu das alles? Eigentlich würde ich lieber…! Wer bin ich eigentlich?“ Wir können diese Stimme eine Weile lang unterdrücken, aber mit der Zeit wird sie lauter. Wann nehmen wir uns Zeit für uns? Zeit dafür, um inne zuhalten, in die Stille zu gehen und eine ehrlich Bilanz darüber zu ziehen, was eigentlich in unserem Leben so abgeht. Auch die Stadt macht mir immer wieder bewusst wie sehr ich, mit Ausnahme von einigen Augenblicken von der Natur abgekapselt bin.

Für solche Auszeiten gibt es unzählige Möglichkeiten. Da ich mich sehr für die alten Traditionen und besonders für indigene Rituale interessiere, habe ich mich vor einigen Wochen entschlossen ein Anden-Retreat zu besuchen, in dem indigene Medizin und Rituale angewendet und durchgeführt werden. Eines davon ist die Visionssuche.

Visionquest – Die Visionssuche

Fotocredit: ©Berenice Becerril

Die Visionssuche ist eine Jahrtausend alte Tradition, die durchgeführt wird, um Menschen zu unterstützen ihre Vision (Lebenszweck) zu verdeutlichen oder, um auf verschiedene Übergänge im Leben vorzubereiten. Beispielsweise von Kind zum Jugendalter und zum Erwachsenen, oder auch allgemein für verschiedene Lebensfragen.
Für unsere Vorfahren und auch für viele indigene Naturvölker sind Rituale wie die Visionssuche ein fester Bestandteil der gelebten Tradition. Sie stellen eine heilige Zeit dar, in der der Suchende in die Wildnis geht, um innezuhalten. Durch die Kraft der Natur können wir unseren Inneren Frieden und einen höheren Sinn für unsere Tätigkeiten und unser Dasein finden. Diese Zeit gibt uns die Möglichkeit uns an unsere Werte zu erinnern, und zeigt uns wer wir wirklich sind. Sie ist wie Balsam für unsere moderne Lebensweise und unsere innere Suche nach einem tieferen Sinn und Verbundenheit.
Die Visionssuche hat die Kraft uns grundlegend von langanhaltenden emotionalen und mentalen Mustern zu befreien, indem wir in die Stille gehen und diese Muster erkennen dürfen. Damit meine ich besonders Glaubenssätze, die unser Verhalten und unsere Entscheidungen oft unbewusst beeinflussen. Ich habe auf meiner Visonssuche erkannt, wie sehr ich darauf warte, dass Veränderungen von außen kommen, die mich zwingen mich weiterzuentwickeln, anstatt selber mein schöpferisches Potenzial anzuzapfen, um mein Leben zu kreieren – Aus meiner inneren Quelle heraus meine Träume zu verwirklichen. Mir ist klar geworden, dass ich meinen Hintern bewegen muss, um das zu erschaffen. Dennoch glaube ich weiterhin daran, dass es eine höhere Aufgabe, einen tieferen Sinn meines Seins auf dieser Erde gibt und werde weiter suchen, bis ich ihn gefunden habe. The Journey goes on.

„ES GIBT ZEITEN IN DEINEM LEBEN, DA IST ES NÖTIG, ALLES HINTER DIR ZU LASSEN, ZEIT, HINAUSZUGEHEN, UM MIT GOTT, MIT DER NATUR UND IHREN WESEN ALLEIN ZU SEIN…“ — Steven FOSTER

Fotocredit: © Berenice Becerril

Mit dem aller Notwendigsten ausgerüstet, habe ich vier Tage und vier Nächte fastend, ohne sozialen Kontakt, ohne Essen und ohne Trinken, ohne zu sprechen, alleine und in Stille im Wald verbracht. In einem ca. 4 m² großer Kreis, abgesteckt durch sieben Holzpfeiler, die für die sieben Richtungen stehen: Osten, Süden, Westen, Norden, Erde, Himmel und das Herz. Geschützt wurde dieser Kreis durch 52 Gebete, die mit einem roten Pfaden verbunden waren und zusätzlichen sieben Gebeten für die jeweilige Richtung. In dieser Tradition wird die Visionssuche über 4 Jahre durchgeführt, wobei jedes Jahr mit einer Himmelsrichtung und einem thematischen Schwerpunkt verbunden ist. Das erste Jahr mit der Tür des Ostens, dessen Thema die Integration der Demut ist. Mit einem Kopf voller Fragen und einer Sehnsucht nach dem tieferen Sinn meines Daseins, habe ich mich auf den Weg gemacht.

WER BIN ICH WIRKLICH?

WO KOMME ICH HER?

WO WILL ICH HINGEHEN?

Wenn wir nicht suchen, werden wir auch nichts finden!

Aber manchmal finden wir erst, wenn wir aufhören zu suchen. Mit meinem suchenden naiven Geist, habe ich gehofft, in dieser Zeit eine göttliche Eingebung zu gekommen, durfte aber feststellen, dass es nicht darum geht. Viel mehr habe ich mich mit den Tagen von all meinen Erwartungen lösen dürfen. Je offener und freier mein Geist wurde, um so mehr konnte ich spüren mit wie viel Liebe mich Mutter Erde in ihren Schoß aufgenommen hat. Voller Geborgenheit und uraltem Vertrauen. Sie gab mir die Möglichkeit, vielleicht als meine größte Verbündete, mich wieder mehr zu erinnern. Mich zu erinnern, dass sie mein Ursprung und mein Zuhause ist, dass ich mit ihr verbunden bin, sie immer für mich da ist und ich auch wieder zu ihr zurückkehren werde.
Wie aus einer Umarmung dieser wilden Stille, entstand bei mir der intensive Wunsch, mich mehr mit der tiefsten Form meines Seins zu verbinden. Mit meiner eigenen Essenz zu sein. Meine eigene Medizin zu sein. Mit meinen tiefsten Wünschen zu sein. Mit meiner tiefsten Stärke und auch meiner tiefsten Schwäche und Verletzlichkeit zu sein. Einfach mit Allem zu sein und es beobachten und annehmen zu dürfen.

Fotocredit: ©Berenice Becerril

Ich durfte ein Gefühl dafür bekommen, was es heißt mit der Stille zu tanzen, die Verbindung von Himmel und der Erde zu fühlen und dem sanften Gesang des Windes zu lauschen. Die Tage und die Nächte in ihrer ganzen Fülle und Schönheit zu erleben. In Respekt Ehrfurcht und Demut allen Lebewesen und der Natur gegenüber zu sein! Um so wichtiger ist es sich an diese fundamentalen Werte zu erinnern und sie wieder zu integrieren. Denn oft falsch verstanden, hat Demut nichts mit Unterwürfigkeit zu tun, sondern viel mehr mit Respekt und Achtung vor einer anderen Person oder einer höheren Kraft. Einer Kraft, die all die Schönheit auf der Erde und im Universum organisiert. Einer Kraft, die uns Einatmen und Ausatmen lässt. Einer Kraft, die wir Gott oder Great Spirit nennen können, die aber auch unzählige Namen besitzt und allgegenwärtig ist.
Ohne City Sounds unter dem freien Himmelszelt zu schlafen, und mit den Pflanzen, den Bäumen und den Tieren zu sein, bot mir eine wundervolle und dennoch intensive Zeit, mir selber neu zu begegnen. Der Natur neu zu begegnen. Wenn wir dem inneren Ruf folgen, ihm antworten und uns entscheiden in die Stille, in die Wildnis zu gehen, dann beginnen wir wieder mehr zu fühlen. Wie fühlt es sich an mit der Sonne, mit dem Regen, mit den Elementen zu sein? Wie fühlt es sich an mit der Erde zu sein? Wie fühlt es sich an, mit sich alleine zu sein? Was ist wirklich in uns und in unserem Leben los? Wer bin ich, wenn sich all die Hüllen, in Form von Glaubenssätzen, Erwartungen, Zweifeln und Ängsten ablösen? Was bleibt noch übrig?

MENSCHLICHKEIT IN IHRER ESSENZ

 

Fortsetzung folgt….

 

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