Eine Ode an die Entscheidungsfreudigkeit
„Wer sich alle Möglichkeiten offen hält, lässt keine Realität werden!“
Kennst du das? Der Sommer kommt, unzählige Festivals und Events stehen vor der Tür und du fragst dich, auf welcher Hochzeit du dieses Wochenende tanzen oder welchen Urlaub du buchen sollst? Unzählige Entscheidungen bestimmen unser Leben, um genau zu sein jede Entscheidung gibt ihm eine neue Richtung. Von banalen Dingen wie dem Kauf einer geeigneten Yogamatte, bishin zu lebensprägenden Entscheidungen wie dem richtigen Job oder dem richtigen Partner fürs Leben, hat jede noch so große oder kleine Entscheidung einen Einfluss auf uns und unseren Weg.
Stillstand gleich Tod
Als geborene Waage gehöre ich schon mein ganzes Leben lang zu diesen typischen entscheidungsunfreudigen Leuten. Ich kenne dieses Gefühl nur zu gut zwischen zwei Stühlen zu stehen und komme immer wieder an diesen Punkt vor lauter Optionen gar nicht mehr klar zu sehen, wohin ich eigentlich will. Doch diese unglaubliche Masse an Möglichkeiten macht mich manchmal wahnsinnig und so dermaßen entscheidungsunfähig, dass ich das Gefühl habe auf der Stelle zu treten. Ich erfinde selbst Ausreden, warum ein späterer Moment in der Zukunft besser geeignet wäre, um etwas zu ändern oder gestehe mir einfach ein, ich habe kein Plan, was ich gerade will und stehe weiter still.
Mit der Freiheit kommt die Verantwortung
Wir haben das Glück zu einer Zeit zu leben, die uns immer mehr die soziale und ökonomische Freiheit gibt unsere Leben selbst in die Hand zu nehmen und zu gestalten, wie wir es uns wünschen. Doch vor lauter Optionen und Möglichkeiten sind wir meist wie gelähmt und gar nicht mehr in der Lage überhaupt einen Weg einzuschlagen und unsere Energie auf eine Sache zu fokussieren. Dein innerer Kritiker sagt dir vielleicht, du hättest doch nur dieses eine Leben und dieses eine Leben müsstest du optimal nutzen. Dein innerer Schisser warnt dich: „Scheisse, so viele Optionen. Mach bloß keinen Fehler, triff bloß keine falsche Entscheidung.“ Am Ende denkst du dir nur „Verdammt, ich kann mich nicht entscheiden, ich lass es lieber bleiben.“
Diese Freiheit, die wir da haben, ist wie Satre schon sagte eine Bürde, denn mit der Freiheit geht auch die Verantwortung einher, Erschaffer unserer Erfahrungen zu sein. Wenn wir diese Sache mit der freien Wahl, die wir immer haben, erkennen und annehmen, dann können wir nicht mehr die Umstände, andere Menschen oder das System für unser Schicksal verantwortlich machen. Das ist eine ganz simple Sache, auch wenn es mit Sicherheit nicht einfach ist, sie anzunehmen, wenn das Leben an allen Ecken gerade gegen uns wirkt. Was wäre, wenn wir es selbst sind, die gegen den Strom schwimmen? Was wäre, wenn das alles unser eigener Widerstand gegen das Jetzt wäre? Was wäre wenn wir die Entscheidungen und die daraus resultierenden Momente mit allen Freuden und Herausforderungen wertschätzen und akzeptieren könnten?
Der Weg, den wir wählen, ist der immer der richtige!
Gelähmt fühle ich mich oft, weil ich Schiss habe die falsche Entscheidung zu treffen. Dabei sind es in der Summe alle vergangenen Entscheidungen, die uns zu dem Menschen machen, der wir gerade sind. Alle positiven Erfahrungen nähren unser Herz und uns Selbstwertgefühl, alle negativen Erfahrungen zeigen uns noch deutlicher, was wir wollen durch die Klarheit darüber, was wir nicht wollen. Eine Entscheidung während man sie noch erlebt zu bereuen, ist nichts weiter als Selbstsabotage. Entscheidst du dich beispielsweise für einen Tag am Meer und sitzt dann dort und bereust es nicht ins Büro gefahren zu sein, dann bist du weder produktiv im Office noch genießt deinen erholsamen Kurzurlaub.
„No, je n’ai regrette rien!“ – Edith Piaf
Als Meisterin der Selbstsabotage kann ich dir versichern, nichts ist frustriender als sich für etwas zu entscheiden und dann den Fokus auf alle nicht perfekten Faktoren der Entscheidung zu richten. Daher fange an dich zwischendurch zu fragen: Lebst du gerade im Mangel oder in der Fülle? Siehst und wertschätzt du die Chancen und Vorteile der Entscheidungen oder dominieren die Aspekte, die einfach nicht deinen Erwartungen und Vorstellungen entsprechen? Immer wenn du innere oder äußere Widerstände wahrnimmst, dir wünscht woanders oder mit jemandem anderen zu sein, sei ehrlich mit dir: schwimmst du gerade gegen den Strom des Lebens oder lässt du dich von ihm mitreissen und treiben und genießt die Fahrt? Alle rückblickenden „Was-wäre-gewesen-wenn Gedanken“ sind nichts weiter als Zeitverschwendung. Das Jetzt ist, wie es ist, denn es IST ja bereits. Wir können zwar reflektieren und schauen welche vergangenen Entscheidungen uns gut fühlen lassen, uns näher zur Verwirklichung unserer Träume und Wünsche führen, aber wenn wir das was gerade ist nicht genießen und zu schätzen wissen, entgeht uns das kostbarste was wir haben, der gegenwärtige Augenblick. Also, hör auf Madame Piaf und bereue nichts.
Wie wir herausfinden, was wir wirklich wollen
Wer hat uns eigentlich eingeredet, wir wüssten nicht was wir wollen? Der Mensch ist mit so einem grandiosen inneren Navigationssystem ausgestattet, das uns in jeder Sekunde unsereres Lebens Feedbacks gibt. Als Kinder sind wir noch komplett mit diesem System verbunden und sind im jeden Augenblick authentischer Ausdruck unserer inneren Gefühlswelt. Wir müssen auch nicht wissen was wir in 30 Jahren noch wollen, aber im Jetzt wissen wir immer was uns, auch auf längere Sicht, gut tut und was nicht. Es ist unsere Leistungsgesellschaft, die uns dazu konditioniert zu funktionieren, anstatt rebellisch diesem inneren Ruf zu folgen. Daher haben wir nur vergessen, woher wir wissen, was wir wirklich wollen.
Die innere Stimme
Unsere Körper, unsere Gefühle und diese leise innere Stimme, zeigen uns in jedem Augenblick, ob uns eine Erfahrung gut tut oder nicht. Sitzt du im Büro und fühlst dich ständig unwohl und unter Druck gesetzt, schaust du ständig auf die Uhr und wartest sehnsüchtig auf den Feierabend? Dann sitzt du vielleicht am falschen Arbeitsplatz. Bis wir tatsächlich die Einsicht und vor allem den Mut haben, etwas zu verändern, was uns nicht mehr gut tut, kann eine Menge Zeit vergehen. Bis wir soweit sind, berieseln wir uns meist mit Konsum und halten uns beschäftigt, um uns bloß nicht die Frage zu stellen, ob dass dieser Job, dieses Leben, dieser Mann oder diese Frau wirklich zu uns gehören.
Wieso vertrauen wir unseren Gefühlen nicht mehr? Vielleicht weil wir Angst vor den Konsequenzen haben, wenn wir dementsprechend handeln würden? Keine Frage, dem Herzen zu folgen ist alles andere als ein Spaziergang. Es kann knallhart und verrückt sein von Zeit zur Zeit. Aber gibt es etwas was sich besser anfühlt, als hier und jetzt sagen zu können: Wenn ich morgen sterben würde, würde ich genau so wie ich es jetzt tue meinen Tag verbringen? Wir haben nur dieses eine Leben oder besser nur dieses eine JETZT. Wozu also Dinge tun, für die wir nicht brennen? Wozu mit Menschen zusammen sein, die uns nicht gut tun? Warum sollten wir nicht unsere Wahrheit leben?
Lerne zuzuhören!
Wir wissen wofür wir Feuer und Flamme sind, wenn wir diesem inneren Gefühl wieder mehr vertrauen und ihm folgen. Immer wieder kurz nachzuspüren und auf die Signale des Körpers zu achten, gibt uns mehr und mehr Verbindung zu dieser inneren Stimme. Alles was uns das Gefühl von Weite, Freude, Enthusiasmus und Leichtigkeit gibt, ist meist direkt ein Indiz für unser inneres Alignment. Alignment in dem Sinne, dass unser äußerliches Leben, das was wir sagen und tun, auch mit unserer Innenwelt, dem was wir Denken und Fühlen übereinstimmt. Anstatt weiterhin den Erwartungen des Umfeldes gerecht zu werden, entsteht so Integrität und das Gefühl endlich das eigene Leben zu leben, anstatt vom Außen gelebt zu werden.
In der Ruhe liegt die Kraft
Um zu zuhören, müssen wir still werden, indem wir dieses inneren Mindfuck (ich sollte dies.. ich müsste das…) einstellen. Nimm wahr was du wirklich brauchst, die wilde Party oder einen gemütlichen Abend allein zuhause? Kannst du dich in deiner Arbeit wirklich kreativ entfalten und verwirklichen, oder sehnst du dich nach einem Projekt, das dein Herz berührt? Bist du in einer Liebesbeziehung, die dich auf allen Ebenen flashed und dich wachsen lässt, oder wartest du nur auf die nächste bessere Gelegenheit? Dieser ewige Wartemodus auf den Richtigen, oder auf den richtigen Zeitpunkt, nur aus Angst vor dem Unbekannten ist das, was uns davon abhält, den Moment mit allen Sinnen zu erleben.
„Manche Menschen verlieren vor lauter Verstand ihr Herz, andere vor lauter Herz ihren Verstand.“
Lasse bei unwichtigeren Dingen häufiger deinen Bauch entscheiden und vertraue diesem ersten Impuls von Ja oder Nein. Bei wichtigeren Entscheidungen nehme immer das erste Gefühl wahr und dann durchlaufe innerlich diesen analytischen Prozess von abwiegen, vergleichen und vorstellen, wie wäre das Leben, wenn du dich für A oder B entscheiden würdest. Und auch dann fühle wieder, welche Version der Zukunft bringt mehr Enthusiasmus, Freude und Begeisterung in dein Herz? Am Ende entscheidet weder der analytischer Verstand, noch das gefühlsüberladene Herz, sondern beides vereint im intuitiven Bauchgefühl.
Intuition – Vertraue deinem Bauchgefühl
Egal wieviel mentaler Müll in Form von Zweifeln, Ängsten, Gier und Neid der Verstand an der Oberfläche produziert, hinter diesem Lärm gibt es ein intuitives Wissen, durch das wir in jedem Augenblick mit allem um uns herum verbunden sind. Dieser inneren Stimme wieder zu vertrauen und ihr zu folgen, ist der Schlüssel, um in jedem Augenblick die Entscheidungen zu treffen, die uns als Mensch, Seele und Geist über uns hinaus wachsen lassen. Diese Kraft, die in uns ruht, ist unglaublich schöpferisch und wirkt im Einklang mit allem im Sinne des Ganzen. Wir stärken unsere Intuition, indem wir:
- den Verstand und unsere Gedanken beruhigen und meditieren
- uns für die körperlichen Reaktionen sensibilisieren und spüren wann wir das Gefühl von Weite oder Enge wahrnehmen können
- uns in Räume der Improvisation und des Nicht-Wissens begeben
- öfter dem ersten Impuls vertrauen und ihm folgen
- kreativ sind, mehr tanzen, malen, spielen, musizieren, bauen und erschaffen
- täglich ohne nachzudenken folgenden Satz beenden: Wenn ich jetzt genau wüsste, was gut für mich wäre, dann würde ich…
Wenn wir wissen was wir wirklich wollen, haben wir Ziele auf die wir uns zu bewegen. Wenn wir nicht wissen, was wir wollen, dann gibt uns das Leben selbst die Erfahrungen, die wir brauchen um zu wachsen, mal in Form eines schmerzvollen Lernprozesses, mal als ekstatisches Meisterwerk oder irgendwas dazwischen. Sobald wir uns aber bewusst mit diesem inneren Ruf und dieser kreativen Kraft verbinden und uns von ihr führen lassen, spüren wir plötzlich den Wind der Freiheit der uns flüstert…
„I am the master of my fate, I am the captain of my soul“ – ‚Invictus` by William Ernest Henley