Come out and play – Komm, lass uns spielen

fotocredit: Amke Kramer (www.amkekramer.com)

Werd` endlich erwachsen!

Heutzutage müssen wir immer früher erwachsen werden und funktionieren, wodurch der kreative spielerische Teil unseres menschlichen Seins immer mehr in Vergessenheit gerät. Es geht überall um Wachstum, Leistung und Erfolg. Beobachte einmal, wie sich diese Leistungsorientierung durch dein Leben zieht, auch in der Freizeit, deinen Hobbys oder den sportlichen Aktivitäten. Oft geht es um das Wetteifern und Vergleichen. Doch wenn wir alles immer so verbissen und ernst nehmen, wo bleibt dann das Spiel und der Spaß bei den Dingen, die wir machen? Selbst im Sport, der kulturell betrachtet ein wesentlicher Teil der Menschheit ist, stand ursprünglich das Spiel im Vordergrund, was aber mittlerweile nur noch durch Leistung und Erfolg ersetzt und alles zu einem großen Event aufgeblasen wird. Dabei vergessen wir, dass das Spiel nicht nur Teil der menschlichen Kultur ist, sondern die menschliche Kultur sich im Gegenteil durch das Spielen entfalten kann.

„You didn’t stop playing because you grew old. You grew old because you stopped playing.“ – Ido Portal

Warum lassen wir uns diese Fähigkeit zu spielen nehmen? Warum muss es in allen Bereichen unseres Lebens um Leistung und Erfolg gehen? Unser inneres Kind möchte nicht nur geliebt werden, sondern auch spielen dürfen und Spaß haben.

fotocredit: Bekah Russon

Play is bigger than culture and humanity

Wir sind mit einem natürlichen Bewegungs- und Spieltrieb geboren worden. Das ist ein großes Geschenk der Natur, denn alles ist in Bewegung. Das Leben ist Bewegung und auch die Natur erliegt dem kontinuierlichen Wandel. Schon Schiller und auch Einstein erkannten, dass dieser scheinbar „sinnlose“ Spieltrieb eine äußerst nützliche Erfindung der Natur ist. 

„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ – Friedrich von Schiller

Wenn wir in die Tierwelt schauen, stellen wir schnell fest, dass das Spielen bereits in der Natur vieler Tiere verankert ist. Besonders die Säuger sind mit einem starken Spieltrieb ausgestattet. Tiere lernen auf spielerische Weise wichtige Verhaltensweisen, wie den Zweikampf und die Jagd, um in der Natur überleben zu können. Das bedeutet, dass Aktivitäten und Spiele, die Spaß machen auch evolutionär sinnvoll zu sein scheinen. 

Der Mensch ist nicht nur ein Homo Sapiens, sondern auch ein Homo Ludens, ein spielender Mensch. Wir können im selbstgenügsamen und zweckfreien Spiel unsere individuellen Eigenschaften und Qualitäten kennenlernen. Durch die gemachten Erfahrungen und auch durch zufällige Ereignisse, wird das Spiel für uns Menschen zu einer elementaren Form der Sinnfindung. Selbst die großen Erfindungen unserer Menschheit sind aus der Neugier des Menschen und durch das spielerische Erforschen entstanden.

„Der Urquell aller technischen Errungenschaften ist die göttliche Neugier und der Spieltrieb des bastelnden und grübelnden Forschers.“ – Albert Einstein

Das Spielen kann uns in einen Zustand hoher Konzentration versetzen, der aber gleichzeitig angenehm ist. Durch das Spielen sind wir mental ausgeglichener, können kreativ gestalten und vor allem Spaß erfahren. Wer kennt es nicht, in einer Sache so vertieft zu sein, dass wir die Zeit komplett vergessen und völlig im Hier und Jetzt versunken sind. Das Spiel ist eine schöne Alternative, um uns vom Alltagsgeschehen zu entfernen und unser Leben zu versüßen. Also merkt euch: Wer spielt, entdeckt neue Kompetenzen und lernt dazu. Der Biologiehistoriker Thomas Junker sagt so schön:

„Spaß ist das Zuckerbrot der Evolution, das Organismen dazu motiviert, Dinge zu tun, die ihr Wohlergehen, ihr Überleben und ihre Fortpflanzung fördern.“

Hurra, hurra der Frühling ist da – Geh raus spielen!

Die ersten schönen, sogar sommerlichen Tage durften wir ja bereits erleben. Also nimm die kraftvolle Frühlings-Energie mit und setze dich in Bewegung. Geh raus zum Sport treiben und beweg dich. Draußen in der Natur werden wir stark, können wieder die Schönheit und die Leichtigkeit des Lebens wahrnehmen. Die Parks, Wälder und Wiesen bieten uns so viele Möglichkeiten, uns zu bewegen. Werde kreativ bei deiner Praxis, ob Hindernis-Parcours, Balance-Übungen oder andere kleine Praxis-Einheiten unter freiem Himmel. Nichts geht über Bewegung an der frischen Luft, gerne auch ohne Kopfhörer. Denke einmal daran zurück, wie du mit viel Leichtigkeit, Staunen, Fantasie und Freude als Kind die Welt wahrgenommen hast und in ihr gespielt hast, bevor dir beigebracht wurde, dass das alles albern und kindisch sei.

In the pursuit of flow – Geh mit dem Fluss

Halte dir hier einmal vor Augen, wie anstrengend und freudlos es ist Sport zu treiben oder Dinge zu tun, wenn du eigentlich keinen Bock drauf hast und nicht dafür brennst. Wie sehr die Leute sich in den Fitnessstudios quälen und immer wieder die selben Übungen und Bewegungsmuster im selben Tempo ausführen. Obendrein noch ein äußerst effektiver Weg motorisch zu verarmen. Doch es könnte soviel leichter sein. Wie schön ist es Dinge zu machen, die einem leicht von der Hand gehen, die dir ein gutes Gefühl geben und obendrein ökonomisch betrachtet völlig zweckfrei sind, was nicht bedeutet, dass sie sinnfrei sind.

fotocredit: Hugues de Buyer Mimeure

In diesem Zusammenhang möchte ich einen kurzen Blick auf die Flow -Theorie des Psychologen M. Csíkszentmihályi werfen. Der Begriff Flow beschreibt einen geistigen oder physischen Zustand der konzentrierten Ausübung einer komplexen Tätigkeit, die den Ausübenden nicht langweilt, aber auch nicht stresst oder sogar beängstigt. Wir haben also Kontrolle über das, was wir machen.

Flow entspricht demnach einem Zustand optimaler Anpassung oder auch Resonanz der inneren und der äußeren Welt.

Oftmals sind die Tätigkeiten autotelisch geprägt, sprich das Ziel liegt bereits in der Ausführung an sich. Meist sind diese Tätigkeiten spielerischer Art, was bedeutet, dass der Mensch, der sie ausführt kreativ und gestalterisch wirkt und dabei ein Gefühl von Mühelosigkeit entsteht kann. Ein wesentlicher Unterschied zu den sehr kurzzeitig wirkenden Adrenalin-Kicks, ist eine länger andauernde Euphorie, die wir auch mit in den Alltag nehmen können.

„Those who flow as life flows, know they don`t need another force.“ – Lao Tzu

Der Flow-Zustand ist nicht an sportliche Aktivitäten gebunden, sondern lässt sich in Alltagstätigkeiten, wie Arbeiten, Lernen, Schreiben, sogar Putzen und Spülen erreichen. So können wir diese Dinge mit mehr Leichtigkeit und Mühelosigkeit ausführen. Flow ist eine Form von Glück und Harmonie, die uns ein Gefühl von Zwanglosigkeit und Entspannung geben kann.

Think it, feel it, do it!

Wir können das Spiel, je nach unseren Vorstellungen und Fantasien gestalten und auf eine vielfältige Art und Weise in unser alltägliches Leben integrieren. Denn ob beim Tagträumen, spielerischen Explorieren von Bewegungen, beim Sport oder welchen Hobbys auch immer, hat das Spiel nichts mit albern oder kindisch sein zu tun, sondern bildet eine potenzielle Form der Inspiration und der Kreativität. Das heißt auch, dass ein Spiel ernsthaft und fokussiert sein kann.

Bringe diesen Aspekt einmal in dein Training, also in deine Praxis, entdecke die Bewegungsmöglichkeiten deines Körpers auf spielerische Weise, ganz ohne Leistungsgedanken. Sei komplett präsent und mit deinem Atem und der Erde verbunden. Ich persönlich praktiziere am liebsten barfuß und bin viel auf allen Vieren unterwegs. Wenn du die anfängliche Scham und die „Was wohl die anderen darüber denken mögen“- Gedanken hinter dir gelassen hast, kannst du einfach Spaß haben. Sei kreativ, verbinde die Übungen aus verschiedenen Bereichen miteinander. Lass dich auch gerne im Internet inspirieren, egal ob aus dem Koordinationsbereich, Tanzen, Yoga, Pilates, Body Weight oder Animal Movements.

Alles ist möglich!

Merke dir: wenn du neue Bewegungen lernst, dann übe sie erst langsam und lass sie qualitativ ausreifen, bevor du Geschwindigkeit rein bringst. Du wirst feststellen, wie intensiv es ist, in einem kontinuierlichen langsamen Bewegungsfluss zu sein, aber auch wie gut es sich anfühlt. Bewege deinen Körper auf allen Ebenen und Positionen im Raum. Du kannst, krabbeln, robben, springen, rollen, sitzen, rennen oder balancieren. Simuliere Tierbewegungen und bewege dich mal wie ein Affe, ein Hund oder eine Eidechse.

Start where you are!

Schau, wo du dich gerade befindest. Wie schaut es aus mit der Kraft, der Ausdauer, der Beweglichkeit und der Koordination? Die richtige Einschätzung ist eine entscheidende Hilfe für dich. Passe deine Übungen so an, dass du gefordert, aber nicht überfordert bist. Durch die vielfältigen Übungsformen kannst du deinen Körper gleichmäßig stabilisieren und ihm sowohl Kraft, als auch Flexibilität geben. Die Koordination dieser beiden führt zu einer verbesserten Bewegungskontrolle, wodurch du wiederum mehr Bewegungsfreiheit bekommst. Ganz davon abgesehen macht es super viel Spaß sich auf so vielfältige Weise zu bewegen. Du glaubst gar nicht, was du alles kannst.

Hier ein paar Tipps, wie du eine Praxis-Einheit aufbauen kannst: Setze den Fokus auf die Erfahrung

  1. Wärme dich sorgfältig auf! Mach dich locker 🙂
  2. Mobilisiere und aktiviere alle Gelenke und die großen Muskelgruppen
  3. Entdecke und erlerne neue Bewegungsmuster
  4. Nimm dir nach dem üben Zeit, mit den neuen Bewegungsmustern zu spielen
  5. Verbinde die Übungen, kombiniere sie, verändere sie
  6. Reflektiere über deine Praxis
  7. Wenn du magst, meditiere
  8. Sei dankbar und zufrieden

Abschließend möchte ich sagen: Sei einfach nicht so streng mit dir, ersetze das Müssen durch ein Dürfen, bring Leichtigkeit ins Leben, entdecke dein inneres Kind wieder und nähre es. Finde Dinge und Tätigkeiten, die dir Spaß machen und Freude bereiten. Denn Freude ist das beste Navigationssystem durch dieses Leben. Teile diese Dinge mit deinen Freunden.

Du spielst bereits? Dann hinterlass uns gerne einen Kommentar mit deiner Spielroutine.

Stay pure, play more and enjoy!

Paddy

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